Formveränderung und Autismus
Seit vielen Jahren arbeite ich im Bereich Autismus. Ein junger Mann, den ich betreue hat Schwierigkeiten mit Knöpfen. Er mag keine Knöpfe. Er mag keine Männer mit langen Haaren und auch keine dicken Leute. Ausserdem hat er Angst vor Regenhosen. Man könnte meinen, das er intolerant ist aber es macht für mich Sinn, Rücksicht auf seine Befindlichkeiten zu nehmen, denn wenn ich keine Rücksicht auf seine Befindlichkeiten nehmen würde, wäre der Alltag mit ihm sehr viel konfliktreicher. Es macht unter Umständen also Sinn, uns in Toleranz gegenüber der Intoleranz zu üben. Das gilt auch für Klimaleugner, Rassisten und Neoliberale, auch wenn wir uns im Spektrum der schwer-und mehrfach neurotypischen Menschen gesellschaftlich darauf geeinigt haben, dass wir Überschreitungen unserer Konventionen aus Intoleranz gegenüber nur wenig Toleranz aufbringen.
Es kommt letztlich nicht darauf an, ob wir die Krisen in denen wir stehen nach konventionellen Maßstäben lösen können oder werden. Es kommt darauf an, das wir uns verändern, das wir uns an der Krise auf verschiedenen Ebenen weiterentwickeln. Das wir uns in Toleranz üben, das wir es lernen einander zuhören und mit Respekt zu begegnen. Die Krise wird uns lehren, zu teilen und auf unnötiges zu verzichten. Den eigenen Reichtum und die eigenen Konsumgewohnheiten kritisch zu hinterfragen ist dabei eine Sache. Eine andere Sache ist es, die lieb gewonnenen Gewohnheiten dann auch gemeinsam zu verändern. Und eben darauf kommt es an. Das ist die Challange und das vor uns liegende Experiment in Formveränderung.