Warum es etwas bringt, kurz zu duschen
Müll trennen bringt nichts. Der Müll den ich hier trenne, landet eh in Afrika oder China oder wird dumm verbrannt. Das Problem wird also lediglich verlagert; so eine Art Ablasshandel, damit wir uns besser fühlen können. Kurz zu duschen bringt auch nichts, denn duschen ist nicht das Problem, wenn wir uns die globalen Zahlen ansehen. Wir in Deutschland können doch nicht viel bewirken, wenn es um die Reduktion von Treibhausgasen, der Vermeidung von allem möglichen Müll oder sonstigem geht. China, die USA und Indien sind schon eher relevant, wenn es darum geht, sich in ihrem Konsumverhalten zu verändern. Ich als Einzelperson kann bei solch einem globalen Problem wie der Erderwärmung eh nichts bewirken, was ich tue ist – wenn man sich die Zahlen einmal etwas genauer ansieht – doch vollkommen irrelevant. Es geht im Grunde genommen vor allem um die Probleme in der Industrie und somit um Entscheidungen auf politischer Ebene, stimmt´s? Stimmt doch! Stimmt ja auch, aber stimmt eben auch nicht. Wenn wir stets auf die globalen Zahlen schielen, können wir es eh sein lassen, das ist eine zynische und feige Wahnsinnstheorie, um der eigenen Verantwortung aus dem Weg zu gehen. Viel interessanter ist es doch für uns im Alltag, uns zu sagen, dass wir als kleine Bürgerinnen und Bürger der Zivilgesellschaft sehr wohl Wirkmächtigkeit besitzen und auch durchaus verantwortlich für unseren Planeten sind und zwar in den kleinen Dingen des Lebens. Dabei ist es nicht nur so, dass wir tatsächlich etwas bewirken können, wenn wir gemeinsam an einem Strang ziehen. Viele kleine Menschen können natürlich eine große Veränderung bewirken.
Aber es geht mir um etwas ganz anderes, etwas, das uns viel näher ist als unsere Konsumgewohnheiten und deshalb oft übersehen oder unterschätzt wird. Es geht mir darum, dass es etwas mit mir macht, wenn ich kurz dusche. Es geht dabei nicht darum, sich selbst zu kasteien und die Freude am warmen Wasser zu verlieren – ganz im Gegenteil: dusche weniger und genieße es mehr! Es geht viel eher darum, dass es einen wichtigen Prozess in mir in Bewegung setzt oder eine gute Tendenz in mir weiter verstärkt, wenn ich über solche Dinge nachdenke. Denn wenn ich bewusst kurz dusche, denke ich über mein ethisches Verhalten nach. Immer wieder. Täglich. Und wenn ich über das Duschen nachdenke, beginne ich auch über andere Dinge nachzudenken. Ich denke darüber nach, was mein Verhalten für eine Verkettung von Wirksamkeiten mit sich bringt. Diese inneren Veränderungen im Denken verändern meine Reflexionsfähigkeit, sie schulen mein Denken darin, wie die Dinge miteinander verbunden sind. Wenn ich dann über das Duschen nachdenke, komme ich vielleicht darauf, das es Sinn macht, weniger, kein oder zumindest biologisch abbaubares Shampoo zu verwenden, da es einen hohen Energieaufwand bedeutet, das Wasser wieder von jenen chemischen Substanzen zu reinigen, die in Wasser eigentlich nichts zu suchen haben. Und wenn ich verstehe, wie die Dinge im Kleinen miteinander zusammenhängen, verstehe ich auch besser, wie die Dinge im Großen ineinandergreifen. Wenn ich mein Handeln im Alltag mit einer ethischen Dimension der Verantwortung verbinde, verstehe ich die Welt und mich selbst nicht nur besser, ich setze mich auch in ein anderes Verhältnis zur Welt. Ich bringe der Welt des Lebendigen eine andere Wertschätzung entgegen. Kurz zu duschen bedeutet nichts anderes als: ich verändere meine Haltung. Das bringt was.