Wer ist Till Eulenspiegel?
Die Eitelkeit ist im höheren Menschen das erhaltende,
im niederen das zerstörende Prinzip.
Christian Friedrich Hebbel
Bei Tennessee Williams habe ich einmal vor Jahren gelesen, dass Eitelkeit eine Frage der Ehre sei.
In der Tat ist die Frage nach der Eitelkeit eine interessante, denn wir Menschen haben beinahe alle und ständig mit subtilen und weniger subtilen Eitelkeiten zu tun. Ich selber bekenne mich mittlerweile ganz offen zur Eitelkeit. Ich denke, man muss lernen, über die eigenen Eitelkeiten zu schmunzeln und man muss lernen, dass man ihnen auf der Spur bleibt. Ich hielt mich selber zumindest immer für so eitel, dass es mir stets wichtig war, dass man mir meine Eitelkeiten nicht zu sehr ansieht. Ich gab mich also hin und wieder bescheiden und uneitel. Bescheidenheit ist eben etwas, womit man sich lieber schmückt – vermutlich aus reiner Eitelkeit. Empfehlen kann ich in der Auseinandersetzung mit Eitelkeit das tiefsinnige Traktat Über die Stufen der Demut und des Stolzes des Bernhard von Clairvaux. Und natürlich die Verfilmung der BBC von Stolz und Vorurteil.
Wenn ich heute über Eitelkeit nachdenke, meine ich, dass Eitelkeit eigentlich doch auch etwas ganz Schönes sein muss, wenn sie mit Weisheit und auch mit einer aufrichtigen Form von Bescheidenheit einhergeht. Ich denke dann an den Spiegel, als Sinnbild der Eitelkeit und der Selbsterkenntnis. Dann denke ich an die Eule, als Symbol der Weisheit. Und dann denke ich an Till Eulenspiegel, den Narren, den umherstreifenden Schalk, den Trickster. Eule und Spiegel hatten im Laufe der Geschichte aber noch mehr Bedeutungen als die der Weisheit und Selbsterkenntnis. So stand die Eule bei den Griechen zwar für Weisheit, galt im Mittelalter aber als Vogel des Teufels. Der Spiegel als Tribut des Narren gilt als eine Weiterentwicklung der Marotte, einer ebenbildlichen Puppe oder ein Stab mit dem Kopf einer Puppe, die der Narr als Zeichen der Selbstverliebtheit bei sich trägt. Der Spiegel galt im Mittelalter als dazu imstande, den Menschen zu verblenden und blind für Gott zu machen, der Narr erscheint deshalb als Gottesleugner. Als Leugner des Göttlichen wiederum ist der Narr dem Tode nahe und so grinst diesem in mancher Illustration ein Totenkopf statt des eigenen Gesichtes aus dem Spiegel entgegen. Als Narrenspiegel bei Hofe kommt dem Spiegel dann wiederum eine positive Bedeutung zu, denn hier führt der Narr dem Fürsten und der Welt durch seine Reden gern die nützliche Kritik der eigenen Unzulänglichkeiten vor Augen. Verblüffende Gegensätze.