Klimawandel und Kunst

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Auf meinem Nachttisch liegt ein Buch mit dem schönen Titel “Dilettantismus als Beruf”. Der Dilettant war zu früheren Zeiten offenbar einmal ein angesehener Mitbürger und eine angesehene Mitbürgerin; heute verbindet man das Wort mit einer eher negativen Konnotation. Wie ich meine zu Unrecht, denn das Spezialistentum birgt heute wie damals seine Tücken. Warum ist es wichtig, dass man in Bezug auf den Klimawandel und was man unter diesem Schlagwort weitläufig subsummiert, den Mut und die Lust aufbringt, Dilettantin oder Dilettant zu sein? Ich selber zum Beispiel bin völlig unqualifiziert, etwas zum Klima zu sagen, auch wenn ich vielleicht ein paar Bücher zum Thema gelesen habe. Ich bin kein Klimatologe und zum Themenbereich Aktivismus kann ich eigentlich auch nichts sagen, denn ich bin schliesslich kein Soziologe. Ich bin weder Protest- noch TransformationsforscherIn. Nun gibt es natürlich inspirierte und weniger inspirierte Klimatologen und ProtestforscherInnen; es gibt überall auf der Welt Menschen, die ihren Job schlampig machen oder jene, die ihn mit Leidenschaft verfolgen. Es gibt sogar diejenigen, die ihren Job zwar mit Leidenschaft aber dennoch ohne oder mit fehlgeleiteter Inspiration machen, weil sie zum Beispiel in einem fragwürdigen, ideologischen Weltbild verhaftet sind. (Wer will solche Angelegenheiten schon bewerten, solcherlei Bewertung maßen wir uns nicht an. Also bewerten wir diese Dinge lieber heimlich, denn nicht zu bewerten ist eine diffizile Angelegenheit).

Ich bin zum Glück Künstler und verfüge über das Privileg, aus den professionellen Forderungen meines Berufes heraus gesellschaftlich die Position des Narren und Grenzgängers einnehmen zu müssen. Es scheint mir sinnvoll, gerade in dieser besonders komplexen Frage der Ökologie die Position eines Narren und Generalisten einzunehmen, denn den rational ausgerichteten Wissenschaftlern und Fachleuten darf man das Thema auf keinen Fall überlassen; sie überblicken das ganze Bild oft nicht. Man darf das Feld ökologischer Transformation auch nicht den traditionellen Aktivisten oder gar der Politik überlassen, denn diese sehr heterogene Gruppe neigt dazu, regressiv zu sein was gesellschaftliche Veränderungen betrifft. Dasselbe gilt selbstverständlich für die traditionelle aber auch die vermeintlich grüne Ökonomie.

Es fällt generell vielen Menschen schwer, sich eine Form von Gesellschaft vorzustellen oder für erstrebenswert zu befinden, die nicht genau der unserer eigenen bisherigen Erfahrung entspricht. Ausserdem wollen sehr weite Teile der Bevölkerung überall dort auf der Welt, wo die sozialen Verhältnisse es noch zulassen, dass alles möglichst beim alten bleibt. Unser durchaus wichtiges und verständliches Bedürfnis nach Sicherheit und Beständigkeit lässt uns zu einer solchen oftmals unbewussten Sichtweisen und zu mit diesen verbundenen Handlungsmustern greifen. Evolutionär verstanden erscheint solch ein auf Sicherheit ausgerichtetes Handeln sinnvoll, denn wir Menschen sind verletzliche und bedürftige Wesen ohne Fell. Dafür aber mit Daumen und großem Hirn, auch wenn ich denke, dass das Gehirn oft mit den Interpretationen und Erwartungen der Neurobiologie oft auf wenig realistische Weise überfrachtet wird. Der Klimawandel ist heute zu einer Frage der unkonventionellen Betrachtung von Möglichkeiten der Frage geworden, wie wir in Zukunft global zusammenleben wollen- Er ist eine Frage der Kunst.