Aktivismus von zuhause

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Ich habe es oft gesagt:
das ganze Unglück der Menschen kommt daher,
daß sie nicht ruhig in einem Zimmer bleiben können.

Blaise Pascal

 

Ist Aktivismus von Zuhause aus betrieben eine Alternative zum lautstarken skandieren politischer Forderungen auf der Straße? Auch wenn die Bejahung dieser Frage auf den ersten Blick ungewöhnlich wenn nicht gar total abwegig zu sein scheint, erscheint sie mir doch durchaus plausibel. Denn vom Sofa aus kann man vieles organisieren, sogar den gesellschaftlichen Wandel.

Da sich nach meiner bescheidenen Ansicht die klassische Form des Protestes – vor allem die klassische Demonstration in der Öffentlichkeit – seit längerem erschöpft hat, plädiere ich also dafür, eine ganz gegenteilig anmutende Form des Widerstands zu untersuchen und zwar jene, die vom heimischen Sofa aus betrieben werden kann. Denn der Protest von Zuhause bietet gegenüber den Möglichkeiten der direkten Aktion durchaus vielfältige Möglichkeiten.

Das augenscheinlichste Indiz dafür, dass Widerstand vom Sofa aus betrieben Sinn macht, ist der ganz grundlegende Faktor Zeit. Da das Sofa eine optimale Möglichkeit zur Bequemlichkeit bereithält, kann man von hier aus mindestens die doppelte Zeit für gesellschaftliches Engagement aufwenden als von der Straße aus. Wir Menschen sind nun einmal Wesen, die zur Bequemlichkeit neigen, warum also aus dieser Not nicht eine Tugend machen und unsere Form von Protest bei einer Tasse Tee und einem weichen Kissen im Rücken betreiben?

Man kann sich vom Sofa aus lesend und schreibend ein soziales Netzwerk aufbauen. Man kann vom Sofa aus ganz gemütlich ein tragfähiges, inhaltliches Konzept erarbeiten, ein philosophisches oder spirituelles/weltanschauliches Konzept, in welches das eigene gesellschaftliche Engagement integriert ist und von welchem aus es gespeist wird. Ein Konzept, welches einem die nötige Ausdauer und Leidenschaft verleiht, um sich in der ganz persönlichen Form des Protestes auf einen kräftezehrenden und wunderbar nährenden Marathon einzustellen, denn Aktivist zu sein erfordert heute viel Resilienz, Energie und Umsetzung von Kraft. Sinnvoller Aktivismus hat heute nichts mehr damit zu tun, sich zu einem bestimmten Thema über einige Wochen oder vielleicht Monate für eine bestimmte Sache zu engagieren um dann zum Status Quo zurückzukehren. Aktivismus hat etwas damit zu tun, das eigene Haus abzureißen und ein neues Leben zu beginnen. Aktivismus erfordert heute einen langen Atem und sollte nach Möglichkeit Lebensaufgabe und innere Haltung sein und immer mehr werden. Aktivismus ist heute eine Form des Gebetes und des Gottesdienstes, ganz gleich welcher Form des Glaubens man nachgeht.